Öffentliche Diplomatie

Öffentliche Diplomatie
公共外交

Öffentliche Diplomatie / 公共外交

Öffentliche Diplomatie / 公共外交

KURZGEFASST

Der Begriff der „öffentlichen Diplomatie“ umfasst im weitesten Sinne die von Regierungen betriebene Pflege der öffentlichen Wahrnehmung in anderen Ländern und Bemühungen der interkulturellen Kommunikation. Aufgekommen in der Moderne der 1960er Jahre, sollte er eine Trennlinie ziehen zwischen der internationalen Öffentlichkeitsarbeit der Regierung und dem anrüchigen Begriff der Propaganda. In jüngerer Zeit hat sich die Idee einer „neuen öffentlichen Diplomatie“ herausgebildet, die auch die Aktivitäten nichtstaatlicher Akteur:innen, einschließlich der NGO, beinhaltet.

In China ging der Trend in der Reformperiode und insbesondere seit den 1990er Jahren ebenfalls dahin, die internationale Öffentlichkeitsarbeit von der sogenannten Außenpropaganda abzugrenzen, die seit der Gründung der Volksrepublik China eine wichtige Stütze der Kommunistischen Partei Chinas ist. Seit 2013 jedoch haben die Rezentralisierung der Macht der KPCh unter Xi Jinping und eine erneute Hinwendung zur ideologischen Konformität die externe Propaganda wieder in den Fokus gerückt, und zwar aus der Überzeugung heraus, dass staatliche Medien und sogar quasi-private Akteure international daran arbeiten sollten, „Chinas Geschichte richtig zu erzählen“ (讲好中国故事) und damit die für „umfassende nationale Macht“ (综合国力) so zentrale „internationale Diskursmacht“ (国际话语权) des Landes zu stärken.

ANALYSE

Im Januar 1991 gründete China, das nach der Niederschlagung der pro-demokratischen Proteste vom 4. Juni 1989 noch immer mit Sanktionen der EU und der USA belegt war, das Presseamt des Staatsrats. Die Aufgabe dieser Regierungsstelle besteht darin, „dem Ausland China zu erklären“. Chinesische Expert:innen sehen in dieser institutionellen Veränderung ein Abrücken von der klassischen „Außenpropaganda“ und eine Hinwendung zu einem „Konzept der modernen öffentlichen Diplomatie“. Die Zentrale Propagandaabteilung der KPCh versuchte  damit einmal mehr, ihren Informationsaktivitäten ein neues Image zu geben. Sie überschneidet sich faktisch mit dem Presseamt: die Propagandaabteilung ist vor allem für interne Medienkontrolle zuständig und das Presseamt für externe Kommunikation. Sie veröffentlichte zu diesem Zweck eine Verlautbarung, nach der in der offiziellen englischen Übersetzung der Abteilung das Wort „Propaganda“ (宣传) formell in „Öffentlichkeitsarbeit“ (public relations) geändert wurde.

Die ambivalente Doppelfunktion dieser beiden Stellen kann als Symbol für die Spannung gesehen werden, die in China zwischen „Außenpropaganda“ im Sinne einer rigideren, von der Partei kontrollierten Vermittlung von Botschaften einerseits und dem weiter gefassten Begriff der „öffentlichen Diplomatie“ andererseits besteht, mit dem die Notwendigkeit einer flexibleren und glaubwürdigeren Interaktion mit der ausländischen Öffentlichkeit gemeint ist.

Ende 2007 fand der von Joseph Nye geprägte Begriff „Soft Power“ auch in den offiziellen politischen Diskurs der VR China Eingang. Als China sich 2008 auf die Ausrichtung der Olympischen Spiele in Peking vorbereitete, die es als historische Chance verstand, seine Entwicklung der Welt zu präsentieren und seine „Soft Power“ zu stärken, sah das Land sich mit einer Welle der Kritik wegen seiner Menschenrechtsverletzungen konfrontiert. Dementsprechend konzentrierte sich der offizielle Parteidiskurs vor allem darauf, Chinas eher schwache „Diskursmacht“ gegenüber dem „sanften Druck“ der „parteiischen“ westlichen Medien hervorzuheben. Hu Jintao sprach von „kultureller Soft Power“ und dem zu vergrößernden Einfluss der traditionellen chinesischen Kultur als einer Schlüsselkomponente der „umfassenden nationalen Macht“, die für die Wahrung der globalen Interessen der KPCh unerlässlich sei.

Chinas 2009 initiierte „Going-out“-Strategie sah vor, Milliarden von Dollar in die Expansion chinesischer Medien im Ausland zu investieren, wobei sich diese Bemühungen ausschließlich auf parteistaatliche Medien konzentrierten und die dynamischeren chinesischen Wirtschaftsmedien außen vor blieben. Bereits 2012 wurden die inländischen Medien und der nichtstaatliche Austausch in China von der Partei viel stärker kontrolliert, und die zentralisierte Koordinierung durch die KPCh ist nach wie vor das Modell für die öffentliche Diplomatie.

Seit 2013 ist die Rolle der Partei in der öffentlichen Diplomatie stärker ausgeprägt als je zuvor in der Reformära. In einer Rede auf der nationalen Konferenz zur Propaganda- und Ideologiearbeit am 19. August griff Xi Jinping das alte Modell der „Außenpropaganda“ auf und skizzierte sein Programm für die internationale Kommunikation: „[Wir] müssen sorgfältig und korrekt Außenpropaganda betreiben, die Methoden der Außenpropaganda erneuern, hart daran arbeiten, neue Konzepte, neue Kategorien und neue Ausdrücke zu schaffen, die das Chinesische und das Fremde zusammenführen, Chinas Geschichte richtig erzählen und Chinas Stimme richtig vermitteln.“

Das Konzept „Chinas Geschichte richtig erzählen“ hat inzwischen eine Schlüsselfunktion in der öffentlichen Diplomatie übernommen und stellt die Führungsrolle der Partei in den Mittelpunkt. Im Rahmen dieses Konzepts soll Chinas öffentliche Diplomatie oder Außenpropaganda, die über den staatlichen Mischkonzern China Media Group und andere Kanäle betrieben werden, in erster Linie „eine internationale öffentliche Meinungslandschaft schaffen, die Chinas Entwicklung“ unter der Führung der Partei positiv gegenübersteht.